Neue Wege im Tierheim Linxbachhof
Vor ein paar Jahren erzählte mir eine Kundin, dass sie im Wald eine junge Frau kennengelernt hat, die, wie ich, Hundetrainerin und kürzlich ins Saarland gezogen sei. Sie könne sich sehr gut vorstellen, dass sie mir gut gefallen würde. Und wie sie mir gefällt! Ich freue mich sehr, dass es Maria Leschhorn mittlerweile gelungen ist, sich in unserer Region zu etablieren und immer mehr Hunde und Menschen mit ihrer Kompetenz, Geduld und ihrem Lächeln im Gesicht begleitet. Ich gehe selbst mit Blue und Layla zu ihr ins Training.

Im folgenden Gastbeitrag stellt Maria Leschhorn von der Hundeschule „Wuselhund“ Euch ihre Arbeit im Tierheim Linxbachhof in St. Wendel und ihren besonderen Schützling Ben vor. Ben ist immer noch auf der Suche nach seiner Familie oder seinem Menschen. Wer sich für ihn interessiert, kann sich direkt an das Tierheim Linxbachhof oder an Maria wenden.
Das Tierheim Linxbachhof hat sich entschieden, eine erfahrende Trainerin mit fundierter Ausbildung für „schwierige Felle“ zu engagieren und dies auch entsprechend zu honorieren. „Verhaltensoriginelle“ Hunde gehören in meinen Augen nicht in die Hände von Ehrenamtlichen oder aber Anfängern im Hundetraining. Dies ist zwar gut gemeint, kann gut gehen, aber auch ein Leben ohne Perspektive auf Vermittlung für den Hund bedeuten. Schlussendlich bleibt es ein „Tierversuch“. Die Investition in einen erfahrenen Hundetrainer mit entsprechender Fachkompetenz, der ohne aversive Maßnahmen arbeitet, lohnt sich! Ich wünsche mir sehr, dass Marias Beitrag zum Nachdenken anregt und sich ein Mensch findet, der Ben eine Chance gibt:
Text von Maria Leschhorn, Hundeschule „Wuselhund“
Neue Wege im Tierheim Linxbachhof mit Ben, alias Benjen, dem hübschen 3jährigen Deutsch Drahthaar Rüden
Es gibt mittlerweile einige Tierheime, die „verhaltenskreative“ Hunde zunächst einmal von Hundetrainern & Verhaltensberatern trainieren lassen, um ihre Vermittlungschancen zu verbessern.
Dennoch überraschte mich die Anfrage des Tierheims Linxbachhof für einen ihrer Schützlinge.
St. Wendel lag nicht unbedingt in meinem Einzugsgebiet, schon gar nicht für regelmäßige Termine und dennoch wurde ich in einem Telefonat schnell davon überzeugt, dass ich mir Ben anschauen sollte, um sein Verhalten wenigstens einzuschätzen.

Im Oktober 2018 sah ich Ben zum ersten Mal. Er hatte zu diesem Zeitpunkt, aufgrund eines Beißvorfalls mit einem Gassigänger und einige Monate später mit einem Pfleger, nur eine Tierpflegerin, die sich um ihn kümmerte und durch die er Auslauf erhielt. Eine Situation, die sich unbedingt ändern sollte und zwar mit modernem positiven Training, ohne aversive Maßnahmen, da Ben in seinem jungen Leben schon genug Gewalt vor seiner Abgabe im Tierheim erlebt hatte.
Dieses hohe Engagement wollte ich nicht unbeantwortet lassen und so entschied ich mich dazu, Ben zu trainieren. Auf mein Anraten erklärte sich das Tierheim außerdem bereit, Bens gesundheitlichen Zustand zunächst umfassend prüfen zu lassen.
Der Einstieg erfolgte, wie man sich vorstellen kann, mit Maulkorbtraining.
Seine Tierpflegerin hatte damit bereits begonnen und der Hausmeister des Tierheims hatte eine Vorrichtung in Bens Zwinger integriert, die es möglich machte, den Maulkorb aufzusetzen, ohne das ein Mensch den Zwinger betreten musste. All das waren tolle Voraussetzungen.
Ben machte, nach anfänglicher Skepsis gut beim Training mit, ließ sich den Maulkorb schneller anziehen und behielt ihn auch immer länger auf der Nase. Auch das ruhige Anziehen des Geschirrs und der Leine wurde neu aufgebaut. Als das gut funktionierte, begannen wir mit Medical Training, damit der Besuch beim Tierarzt stressfrei für Ben und das Personal werden würde, was sich auszahlte. Alle Untersuchungen ließ er gut mit sich machen, wobei sich ein paar gesundheitliche Baustellen auftaten, was die aggressiven Vorfälle, zumindest teilweise, erklären könnte.
Unter der aktuellen Behandlung und dem positiven Training zeigt sich Ben bzw. Benjen, wie er aktuell genannt wird, ausgesprochen charmant.

Er ist mittlerweile gut leinenführig und kennt die meisten Grundsignale (die wir leicht abgewandelt haben, da die alten „verbrannt“ waren)
Außerdem bauten wir an der Schleppleine einen 5m Radius und einige Signale aus dem Jagdkontrolltraining auf. Wenn er sich zu Beginn des Spaziergangs gut ansprechbar zeigt, darf Benjen bei mir mittlerweile ohne Maulkorb laufen. Zur Auslastung und als Belohnungsmöglichkeit kennt er nun auch kleine Futtersuchen, die zu Beginn nicht möglich waren, da er insgesamt viel zu gestresst war, um Futter aufzunehmen. Außerdem machen wir kleinen Trick-Gymnastik-Übungen, damit die Wirbelsäule etwas flexibler wird.
Alle Pfleger des Tierheims Linxbachhof können wieder mit Benjen gesichert spazieren gehen. Außerdem zeigte er auch bei fremden Personen bisher keine weitere Aggressivität und ich bin mir sicher er wird weitere Fortschritte machen.
Es stecken wunderbare Eigenschaften in Benjen und ich bin mir sicher, das da draußen der richtige Mensch auf ihn wartet, der ihm sein „für immer Zuhause“ geben kann, mit ihm freundlich und positiv arbeiten möchte (gerne mit meiner Hilfe) und den auch ein kleiner Rückschlag nicht sofort aus der Bahn wirft.
Benjen ist natürlich kein Einzelfall – ich trainiere derzeit im Tierheim Linxbachhof auch weitere Hunde.
Tierheime werden immer mehr damit konfrontiert, dass die Hunde, die abgegeben werden, Problemverhalten an den Tag legen – einfache Tiere können heutzutage schließlich privat oder online vermittelt werden.
Davor sollte man nicht die Augen verschließen, bauliche Maßnahmen falls möglich einleiten, wie z. B. die hier genutzte Maulkorbklappe, oder auch Schiebersysteme, in denen aggressive oder ängstliche Hunde, ohne Menschenkontakt in einen Auslauf gelangen können.
Darüber hinaus steigen die Anforderungen an das Personal, denn schließlich müssen die Tierpfleger mit diesen Hunden umgehen und auch einschätzen können, ob man sie einem Gassigänger anvertrauen kann.
Auch die Einstellung eines qualifizierten Hundetrainers ist in vielen Fällen angeraten – die Hunde im Tierheim können so die nötigen Grundlagen für ein Leben außerhalb des Tierheims kennenlernen und das Personal kann sich Anleitung und Tipps geben lassen.
Es ist eine spezielle Herausforderung direkt mit den Hunden im Tierheim unter den vorgegebenen Bedingungen zu arbeiten, da man sonst Hundehalter und Hund als Team trainiert. Doch mit dem nötigen Wissen und Einfühlungsvermögen, kann man auch unter diesen Bedingungen Fortschritte machen und eine deutlich höhere Lebensqualität und bessere Vermittlungschance für die Hunde erreichen.
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