Interview mit Maria Leschhorn zu BAT Behavior Adjustment Training

Mit ihrem Gastartikel „Neue Wege im Tierheim Linxbachhof“ hat Maria Leschhorn, Inhaberin der Hundeschule „Wuselhund“ im Saarland, uns bereits einen Einblick in ihre Arbeit mit „verhaltensoriginellen“ Hunden gegeben. Hunde mit Verhaltens- oder Anpassungsproblemen liegen ihr besonders am Herzen. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist seit Jahren das Begegnungstraining von Hunden untereinander sowie mit Menschen und anderen Individuen oder Objekten. Ich schätze Maria nicht nur als Trainerkollegin, sondern auch als Trainerin und Supervisorin für mich persönlich und meine eigenen Hunde.
Im vergangenen Jahr ließ sich Maria erfolgreich von Grisha Stewart zum „BAT Instructor“ zertifizieren. Damit ist sie eine der wenigen zertifizierten HundetrainerInnen im deutschsprachigen Raum. Ich freue mich sehr, dass Maria Leschhorn bereit war, mir meine Fragen zum Thema „Begegnungstraining“ nach Grisha Stewarts Konzept des „Behavior Adjustment Training“, kurz BAT zu beantworten:
Was ist das Besondere am BAT Training?
BAT ist eine ausgesprochen stressfreie Methode, sowohl für den Hund als auch für den Menschen. In der Regel lernen Hunde durch diese Methode, die mehrere Trainingstechniken verbindet, entspannt mit anderen Auslösern umzugehen.

Häufig sind dies andere Hunde, aber auch Menschen oder fahrende Autos usw. BAT fördert das Selbstvertrauen des Hundes und das Vertrauen in den Menschen, weil wir genau auf seine Signale achten und ihm Zeit und Raum geben, die er benötigt. Die Hunde lernen freundlich zu kommunizieren und nicht schnell und frontal auf Auslöser zu rennen – BAT ist selbst wirksam, organisch, hundeorientiert und respektvoll. BAT schafft eine ganz neue Sichtweise, Achtsamkeit und Lebensweise mit Hund, die ich sehr schätze.
Was sind die Grundpfeiler des Trainings?
Das korrekte Leinenhandling macht ca. 80% im BAT aus. Dadurch haben wir eine Verbindung zum Hund, können ihm Unterstützung geben und mit ihm leise kommunizieren. Wir nutzen in der Regel eine runde 5 m Leine und ermöglichen dem Hund so auf der einen Seite Sicherheit, auf der anderen Seite aber auch ein gewisses Maß an Freiheit und Wahlmöglichkeiten – er kann sich an natürlichen Verstärkern in seiner Umgebung bedienen – wie z. B. Erkunden einer Wiese, mehr Nähe oder Distanz zum Auslöser. Darüber hinaus brauchen wir natürlich eine sehr gute Kenntnis über die Körpersprache des Hundes und sollten auch in der Lage sein, unsere eigene Körperposition so auszurichten, dass sie dem Hund bei der richtigen Wahl unterstützt.
Wir arbeiten zu Beginn in sogenannten „Set ups“, Generalproben für das richtige Leben. Hier achten wir stark auf die Antezedenzien – wir ordnen sowohl die Umwelt als auch den Auslöser so an, dass der Hund Erfolg haben muss. Beim BAT gilt darüber hinaus, dass wir dem Hund nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich helfen. Es ist erstaunlich, wie viel „gutes“ Verhalten unsere Hunde oft schon von sich aus anbieten, wenn Sie nur genügend Zeit und Raum dafür bekommen!
Wie wird der Hund während des Trainings belohnt (verstärkt)?

BAT 2.0 ist sehr stark Hund-orientiert. Wir belohnen vor allem über natürlich vorkommende Verstärker. Im Idealfall erhält der Hund von uns über die Leine und unser Verhalten die Sicherheit, die er benötigt um seine Umwelt zu erkunden, den Auslöser anzusehen und dann weiter zu erkunden. Er kann sich dabei Nähe und Distanz, sowie die Areale zum Erkunden frei wählen. Zum Großteil wirkt BAT also durch Desensibilisierung. Wir helfen ihm nur, wenn er zu nah an den Auslöser kommen sollte oder plötzlich Auslöser auftreten. In diesen Fällen nutzen wir „mark & move“ – das bedeutet unter anderem, wir setzen ein Markersignal, geben dem Hund mehr Distanz (funktionaler Verstärker) und geben dem Hund eine Belohnung, die er mag.
Funktioniert das nur in ländlichen Gebieten oder auch in Ballungsräumen?

Kurz gesagt ja! Wir beginnen BAT in den „Set ups“, also unseren Generalproben, in denen möglichst nichts schief gehen kann und Hund und Halter entspannt lernen können, dass andere Auslöser nicht „gefährlich“ sind. Das üben wir an unterschiedlichen Orten und mit unterschiedlichen Auslösern, damit der Hund das entspannte Verhalten generalisieren kann. Orte für solche „Set ups“ kann man überall finden: ein Parkplatz am Sonntag, auf den man die Autos so parkt, dass es Sichtschutz gibt, falls der Hund diesen braucht, eine Wiese, ein Industriegebiet o.ä.
Nach einigen „Set ups“ traut sich das Team ohnehin in die „reale Welt“ – ausgerüstet mit einigen Werkzeugen in der Tasche (U-Turn, Umorientierung, Rückruf etc.), die im Notfall helfen, auch die nahen oder plötzlichen Situationen zu bewältigen.
Warum haben insbesondere Mensch-Hund-Teams, die bereits viele gemeinsam trainieren, zunächst häufig Startschwierigkeiten mit BAT?
Das ist eine total gute Frage! Häufig schauen Hunde, die in den „Trainingsmodus“ geraten, oder mit denen insgesamt häufig trainiert wurde, nur ihre Menschen an. Für diese Hunde fühlt es sich zunächst unnormal und vielleicht sogar unangenehm an, sich in der Umgebung frei umher zu bewegen. Manche Hundehalter und auch Trainer bekommen dann das Gefühl „ich lasse den Hund im Stich“ – letztendlich ist dieses Verhalten des Hundes allerdings nur durch uns „auftrainiert“ worden – indem wir dem Hund gelegentlich oder oft Signale gegeben haben, die ihn durch den Alltag lotsen, wie ein Navigationsgerät. „Schau mich an“ – der Hund interessiert dich nicht, „komm zu mir“ – du sollst nicht zu fremden Menschen gehen usw. Wir trainieren solche Signale im BAT auch auf – für den Notfall, wenn Auslöser zu nah sind oder plötzlich auftreten. Im „BAT Set up“ sollte der Notfall aber so gut wie nie passieren.
Solchen stark auf den Halter orientierten Hunden helfen wir, indem wir in sehr interessanten Umgebungen starten, die der Hund erkunden möchte. Man kann Umgebungen ggf. sogar anreichern, mit einem Schnüffelteppich, Objekten zum Erkunden oder etwas Futter, das gestreut wird. So schaffen es die meisten Hunde aus dem „Trainingsmodus“ hinein in den „Erkundungsmodus“. Außerdem können wir unseren eigenen Fokus weg von unserem Hund, hin zum Auslöser wenden oder sogar ansprechen.
Das Ziel von BAT, und ich denke auch das der meisten Menschen ist es, dass es alle Hunde im Laufe des Trainings selbständig schaffen, mit ihrer Umwelt zurecht zu kommen und entspannt an Auslösern vorbei zu laufen, ohne dass wir ihnen ständig sagen müssen was sie tun sollen.

Wir arbeiten gezielt daran, dass der Hund sich bei uns sicher fühlt (auch über unser Leinenhandling). Aus dieser Sicherheit heraus, schafft er es wieder (ggf. mit leisen Hilfen) sich selbständig mit seiner Umwelt auseinander zu setzen. Das stärkt das Selbstvertrauen! Wir kennen alle das Gefühl wenn wir etwas, das uns schwer erschien, geschafft haben und stolz auf uns sind. Hunde lernen durch BAT, dass wir an ihrer Seite sind, ein sicherer Hafen, dass wir auf ihre Signale achten und die Kommunikation keine Einbahnstraße ist und daraus resultiert ein gestärktes Team, das im Alltag Bestand hat.
Unsere positiv auftrainierten Signale sorgen dafür, dass unser Hund „normaler aussieht“ für die Umwelt. BAT, mit all seinen Möglichkeiten sorgt dafür, dass der Hund „normaler wird“!
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sowie die Amerikanische Originalausgabe:
„Hund trifft Hund“ von Katrien Lismont (ausführlich beschrieben im Blogbeitrag „Hund trifft Hund“)